Interview mit Erwin Bauer

Das Team des buero bauer aus Wien hat den kreativen Auftrag, im Neubau der Kinderklinik München die illustrative Ebene der Signaletik kindgerecht zu planen und zu gestalten. Die Stiftung Kinderklinik Schwabing hat mit freundlicher Unterstützung der Truma Stiftung* das Konzept an das buero bauer in Wien gegeben. Erwin K. Bauer ist der Gründer des buero bauer – Gesellschaft für Orientierung und Identität mbH. Der volle Wortlaut beschreibt sehr genau, mit welchen Themen sich die Agentur vor allem beschäftigt.

Herr Mag. Bauer, wie würden Sie kurz ihre Spezialisierung und den Weg dort hin beschreiben?

Unser interdisziplinäres Gestaltungsbüro von derzeit KommunikationsdesignerInnen, IllustratorInnen, ProgrammiererInnen und ArchitektInnen entwickelt Designlösungen für echte Bedürfnisse von Menschen. Im Zentrum steht immer gezielte Kommunikation, unabhängig davon, ob es sich um Websites, Apps, Orientierungssysteme oder Interior Design handelt. Speziell ist, dass wir unterschiedliche Gestaltungsdisziplinen direkt miteinander verbinden. Sehr gut lässt sich das im Raum mit analogen, aber auch digitalen Medien machen.

Laut Wikipedia gibt es für Signaletik folgende Definition: Signaletik (von französisch signalétique, dt. kennzeichnend) dient der räumlichen Orientierung von Menschen in einem komplexen Gebäuden oder Areal wie beispielsweise einem Flughafen, einem Bahnhof, einem größeren Bürogebäude oder einer Schule. Oder in unserem Fall einer Kinder-Klinik.
Wie ist Ihre Definition von Signaletik?

Wir helfen Menschen, Gebäude zu verstehen, den Weg von A nach B rasch zu finden, aber auch, sich in Räumen sicher und wohl zu fühlen. Besonders in Kliniken spielt das eine große Rolle, da Eltern, Kinder oder BesucherInnen sich in einem absoluten Ausnahmezustand befinden. Deshalb ist die selbstverständliche, einfache Orientierung entscheidend. Wir nehmen den Menschen eine eigentlich unnötige Zusatzaufgabe ab und entlasten sie damit spürbar.

Wie lief der kreative Prozess der Signaletik für den Neubau der Kinderklinik München Schwabing?

Am Anfang stand die Idee, mit dem Wundertiger, dem Symbol der Kinderstiftung zur arbeiten. Also überlegten wir, wie sich Eltern und Kinder durch das Gebäude vom Eingang bis zu ihren Zielorten bewegen. Oft sind diese Wege recht lang und in manchen Kliniken auch wenig spannend. Deshalb lassen wir die Kinder schon am Anfang bei der Hauptübersicht vom Wundertiger abholen und begleiten. Der Tiger bewegt sich mit den Kindern durch einen faszinierend illustrierten Dschungel und trifft andere Tiere und wundersame Pflanzen.

Was unterscheidet die Arbeit für die Kinderklinik von anderen Orientierungssystemen? In Schwabing sind das Storytelling und das spielerische Entdecken entscheidende Zusatzelemente. Die beiden Ebenen ergänzen das rein funktionale Orientierungssystem und regen zur Interaktion an. Der Tiger wird zum sympathischen Begleiter. Bilderrätsel oder Labyrinthe laden zum kniffligen Zeitvertreib ein. Die finden sich vor allem in Wartebereichen, wo die Zeit besonders langsam vergeht. Als gesamtes Bild ergibt sich eine fabelhafte Welt, in die die Kinder eintauchen.
Wie sieht Ihre Zukunftsvision für die Signaletik aus?

Orientierung funktioniert am besten, wenn Räume so geplant sind, dass man sich intuitiv zurechtfindet. So ist für uns der Aussenbezug bzw. Tageslicht immens wichtig, um zu wissen, wo wir sind. In Räumen, wo das schwer möglich ist, unterstützen dann Schilder oder auch digitale Tools, die zeigen, welchen Weg ich zu meinem Ziel nehmen sollte und wie lange es dauert. Das wir in Zukunft ganz selbstverständlich sein. Absolut nicht vergessen sollten wir die Unterstützung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Taktile Information oder Tonausgabe unterstützt Blinde, große und kontrastreiche Information ältere Menschen und einfache Sprache hilft kognitiv Eingeschränkten. Die Signaletik der Zukunft ist analog und digital zugleich und denkt vor allem immer an die Bedürfnisse von Menschen unabhängig davon, welche Fähigkeiten sie haben – und besonders, wenn sie Kinder sind.

* TRUMA STIFTUNG:
Der Leitgedanke der Truma Stiftung Renate Schimmer-Wottrich ist es, Kindern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien Zuwendung, Halt und Zukunftsperspektiven zu bieten und in Not geratene Familien zu unterstützen. Darauf richtet die Stiftung ihre Arbeit konsequent aus. Sie setzt sich daher insbesondere für soziale, karitative, bildungspolitische und
kulturelle Projekte in München und Umgebung ein. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der
Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sowie der Förderung des Jugendsports.
www.truma-stiftung.de

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