Lange, düstere Gänge, in denen man sich verlieren kann, eng bemessene Krankenzimmer ohne Rückzugsmöglichkeit, eine karge und zweckmäßige Einrichtung, typischer Krankenhausgeruch... Kaum jemand, der jemals ein Krankenhaus als Patient erlebt hat, weiß zu berichten, dass er sich wohl gefühlt hätte in der Krankenhausumgebung.
Manches Unbehagen wird durch die Interaktion mit den Pflegenden, den Ärztinnen und Ärzten aufgefangen. In der aktuellen Ausstellung im Architekturmuseum der Pinakothek der Moderne erfährt man jedoch eindrücklich, wie stark der Bau selbst auf die Emotionen der Patienten und damit auf den Genesungsprozess einwirkt.
Sieben Hauptfaktoren machen Tanja Vollmer und Gemma Koppen in ihrem Buch "Architektur als zweiter Körper" dafür aus: Orientierung, Geruchskulisse, Geräuschkulisse, Privatheit und
Rückzugsraum, Power Points, Aussicht und Weitsicht und Menschliches Maß. Diese dienen als Orientierungspunkte für die architektonische Neugestaltung von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen und bei der Bewertung bereits vorhandener Bauten. Die für die Ausstellung herangezogenen Beispiele veranschaulichen das.
Die Kriterien gelten gleichermaßen für Kinder und Erwachsene. Sind Kinder jedoch die Patienten, ist für sie und ihre Eltern außerdem wesentlich, dass sie gemeinsamen Raum haben und einander in greifbarer Nähe wissen.
Im Neubau der Kinderklinik München Schwabing sind die Patientenzimmer zu knapp bemessen, um darin gemeinsam zu wohnen. Umso wichtiger ist es, dass sich das zukünftige Elternhaus in unmittelbarer Nähe auf dem Klinikgelände befindet und die Wege von den Angehörigen zum kranken Kind kurz sind. Im Elternhaus selbst finden die Angehörigen neben den psychosozialen Angeboten auch die bauliche Unterstützung, die Tanja Vollmer und Gemma Koppen vorschlagen: Die Anordnung der Räume erlaubt eine leichte Orientierung; die Gerüche des Gartenstücks direkt vor dem Gebäude werden als angenehm empfunden und können bei geöffneten Fenstern auch in das Gebäude selbst gelangen; die Distanz zur Klinik hat den Vorteil, dass die Geräuschkulisse des betriebsamen Klinikalltags außen vor bleibt; die bauliche Struktur des Hauses bietet sowohl Möglichkeiten zum Rückzug als auch zur Begegnung, und sowohl das Gartenstück als auch die angrenzende Kapelle können von den Angehörigen als "Power Points" genutzt werden, um frische Energie zu gewinnen; die Fenster zeigen ins Grüne, und die Räume bieten ausreichend Platz, ohne es an Geborgenheit fehlen zu lassen. Auch die Augen finden Halt durch die vorgegebene Struktur des Altbaus.
Die Ausstellung in der Pinakothek der Moderne hat uns dazu angeregt, den geplanten Bau des Elternhauses noch einmal anders zu betrachten. Wir freuen uns sehr darauf, den Angehörigen unserer Patientinnen und Patienten eine Umgebung bieten zu können, die sie bestmöglich unterstützt und ihnen Kraft gibt, damit sie wiederum die kranken Kinder bestmöglich unterstützen und zu deren Genesung beitragen können.
Die Ausstellung "DAS KRANKE(N)HAUS - WIE ARCHITEKTUR HEILEN HILFT" war vom 12. Juli 2023 bis zum 21. Januar 2024 im Architekturmuseum der TUM in der Pinakothek der Moderne zu sehen.