Interview mit Dr. Andrea Eidenschink

Dr. Andrea Eidenschink:  Medizinstudium an der TUM, Doktorarbeit in der Kinderkardiologie, Assistenzärztin in der Kinderklinik Augsburg Zentralklinikum und in der Kinderklinik München Schwabing der TUM. Seit 2000 als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin in eigener Praxis.

 

Dr. Armin Grübl: Wie hast du als praktizierende Kinder-und Jugendärztin in München Schwabing den Beginn der Corona-Pandemie erlebt, was hat dich am meisten überrascht?

Dr. Andrea Eidenschink: Der Beginn der Corona-Pandemie hat mich sehr geschockt. Ich ging davon aus, dass es bei uns in Deutschland genauso dramatisch wird wie in Italien. 

Enorm belastet hat mich die Tatsache, dass es viel zu wenig Schutzausrüstung gab und nach wie vor gibt.  Anfang März wurden noch Masken in hoher Anzahl exportiert, als man sie hier schon nicht mehr kaufen konnte. Ich konnte mir damals nicht vorstellen, dass man nicht ganz normal beim medizinischen Großhandel Masken, Schutzkittel oder Desinfektionsmittel bestellen kann und dass diese dann nicht geliefert werden. 

Als die Vorschläge kamen, wie man FFP2-Masken wiederverwenden und  aufarbeiten soll  - in der Mikrowelle oder im Backofen -, wurde mir so langsam eines klar: Jeder Deutsche könnte sich ein Auto kaufen - ausgestattet mit High-Tech-Filtern, aber eine Schutzmaske für die Arbeit leider nicht! 

Wie siehst du die aktuelle Situation der "Corona-Krise" als Kinder- und Jugendärztin? Was muss nun getan werden?

Glücklicherweise handelt es sich ja um ein Virus, das die Kinder nur selten krank macht und nie so schwer, wie dies bei Erwachsenen der Fall sein kann. Schwierig für uns Kinderärzte ist es aber aufgrund der nicht sehr typischen Symptome eine Coronavirus-Infektion von anderen Infektionen abzugrenzen - es geht einfach klinisch nicht! 

Ebenso schwierig umsetzbar sind für uns die geforderten Abstandsregeln zu unseren Patienten und den Eltern während einer ärztlichen Untersuchung. Um uns selbst und auch unsere Patienten nicht zu infizieren,  brauchen wir Ärztinnen und Ärzte deshalb dringend ausreichend Schutzausrüstung.

Das Tragen von Mund Nasen-Masken scheint ja, wenn sich alle daran halten, durchaus sinnvoll zu sein. Um die Coronaviren an der Verbreitung zu hindern, erzielt man also mit einer ziemlich einfachen Maßnahme einen guten präventiven Effekt. Also sollte man doch dies einfach tun, wenn man auf andere Leute trifft und  ein entsprechender Abstand nicht eingehalten werden kann.

Du engagierst dich ja auch neben deiner Tätigkeit in der Praxis berufs- und gesundheitspolitisch. Was motiviert dich dazu? 

Ich versuche immer auch im Kleinen etwas zu verbessern und anderen Menschen zu helfen. Dass lange keine Maskenpflicht eingeführt wurde, lag unter anderem ja am Fehlen der Masken. Deshalb wollte ich gerne die Kliniken und Praxen darin unterstützen, alle Eltern und älteren Patienten mit Masken auszustatten. Der Berufsverband der Kinderärzte hatte Mitte März diese Empfehlung gegeben. Ich habe es dann glücklicherweise tatsächlich geschafft, eine Sachspende von 60.000 Stück Einmal-Mund-Nasenschutzmasken zu bekommen, die wir mit fleißigen Helfern an die Münchner Kinderkliniken und Kinderarztpraxen verteilt haben. Auch tausende von Stoffmasken konnten wir ebenso bekommen und verteilen. Vielen herzlichen Dank an Alle! Auch die Stiftung Kinderklinik München Schwabing engagiert sich ja erfolgreich, an Spenden von Stoffmasken zukommen und verteilt diese ebenso. Als ehemalige Schwabingerin liegen mir die Stiftungsaktivitäten für die Schwabinger Kinderklinik nach wie vor am Herzen. Gern haben wir so auch mit der TRUMA Stiftung, in deren Vorstand ich bin, die Bestrebungen nach einer kinderfreundlichen und kindgerechten Innenausstattung des gerade entstehenden Neubaus finanziell unterstützt.

Ich danke Dir sehr für Dein großes Engagement! Abschließend nochmal zurück zur Corona Krise: Was hältst du von dem Spruch: "In jeder Krise steckt auch eine Chance" und was wünschst du dir für die Zukunft?

Solange nicht zu viele Menschen ihr Leben verlieren, steckt in dieser Krise auch ihr Gutes. Die Entschleunigung z.B. für alle Menschen während der Ausgangsbeschränkung und die Konzentration des Lebens auf die Kernfamilie und das  Darauf achten wie  es den Mitmenschen geht. Vielleicht können wir auch nach der Pandemie ein bisschen an diese Zeit anknüpfen. Auch Erfahrungen zu sammeln mit Home Office und Home Schooling, sowie die dadurch verbesserte Digitalisierung an den Schulen sind ein guter Nebeneffekt. Die intensive Beschäftigung mit der Ausbreitung von Viren hat die Relevanz der frischen und nicht verschmutzten Luft hervorgehoben und gibt hoffentlich der Umweltschutzbewegung Auftrieb. 

Und wir wurden wachgerüttelt, dass das Gesundheitssystem auch in Deutschland große Probleme hat-  bei der Beschaffung von Materialien und der Bezahlung und Wertschätzung der Pflegekräfte. Aber viel Positives kann ich der Pandemie wirklich nicht abgewinnen.

Mein großer aktueller Wunsch ist, die Schulkinder und Jugendlichen in der Schule sinnvoll vor der Infektion mit Coronaviren zu schützen und ihnen wieder ein bisschen Sozialleben halt dann noch mit dem geforderten Abstand zu ermöglichen, aber immerhin.

Da höre ich ja wieder ein großes Vorhaben Deinerseits heraus: Schüler vor Infektionen schützen und einen Weg zur Normalität finden. Wir werden sicher weiter von Dir hören und lesen. Vielen herzlichen Dank für das Gespräch und Dir, Deiner Familie und Deinem Team alles Gute!

 

Ein herzliches Danke an die großzügigen Spender: MAC, Talbot und Runhof, Irene Luft, TONI, Ernstings Family, Sallinger Consult, Walt Disney, Lions Club Karl Valentin, Jack Wolfskin, HAWE Hydraulik SE.

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